Verlag: Edition roter Drache
Seitenzahl: 298 Seiten
ISBN: 3939459844
Format: Taschenbuch, eBook
Diese Rezension bezieht sich auf das Taschenbuch.
Handlung
Wir befinden uns in Hochschwarzwald 1912 im Hotel „Waldesruh“. Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Die höhere Gesellschaft feiert hier den Jahreswechsel, beschwingt aber auch voller Sorge, denn der Aether verändert das Gefüge der Welt.
Menschen verändern sich, die Umwelt reagiert auf den Aether.
In diesem Szenario befindet sich auch die junge Witwe Minerva. Von ihrer Mutter unterdrückt und viel zu sehr bevormundet muss sie sich nicht nur der Veränderung der Welt stellen sondern auch den Tod ihres Mannes verkraften. Wie kann ihr Weg aussehen, was bringt ihr die Zukunft?
In diesem Jahreswechsel passiert so einiges, was Minerva hilft, ihren Weg zu finden. Vor allem die Männer und sie als Person, die mit ihrem eigenen Kopf und Ansichten vom Leben versucht sich neu zu definieren zeigen ihr den Weg auf, wo ihre Lebensreise hingehen wird.
Vor allem zwei Männer haben es ihr angetan, aber die sind beide grundverschieden. Wer ist der Mann, der mit ihr klarkommen kann und ihr ihre Freiheiten lässt?
Und dann stellt sich noch die Frage, welche mysteriösen Dinge auf dem Glasberg vonstattengehen. Minerva packt die Abenteuerlust nach dem Tod ihres Mannes erneut. Neue Lebensgeister werden geweckt und sie kann sich, ganz zum Verdruss ihrer strengen Mutter, den Mythen nicht entziehen.
Das Leben geht endlich weiter, voller Gefahren und Liebe.
Layout
Blau und Grün dominieren das Cover. Verschneite Tannen, ein Hirschgeweih, an einigen Spitzen blutig und wie im Dunst die Armaturen eines Automobils. Laden und in die Welt des Aethers ein. Und natürlich sehen wir den grünen Aethernebel emporsteigen.
In schwungvoller, weißer Schrift steht der Titel ganz oben geschrieben, etwas kleiner, direkt darunter in der gleichen Schriftart der Name der Autorin.
Unten steht der Hinweis, in grün, dass es sich um einen Aetherwelt-Roman handelt, darunter, kleiner und in sehr nüchterner Schriftart der Verlagsname.
Mich spricht das Cover sehr an. Mystisch zeigt es alles, was den Roman später ausmacht und eine Verbindung zu den Vorgängern ist durch den grünen Nebel gelungen. Man weiß auch ohne Aufdruck, dass es sich um eine Geschichte aus der Aetherwelt handelt.
Die Tage ab dem 29.12.1912 bilden die Kapitel, Handlungssprünge innerhalb des Tages werden mit einem kleinen schwarzen Kreis in dem in weiß ein Hirschkopf und eine Kugel abgebildet ist, unterteilt. Ein Hirschgeweih schmückt ebenfalls jedes Kapitel und die Seitenzahlen werden davon umrahmt.
Am Ende jedes Kapitels sind Tannen gedruckt.
Allein die optische Aufmachung des Buches hat mich begeistert und den Lesegenuss auf jeden Fall positiv beeinflusst.
Fazit
Minerva kam, schmiss den Motor an und siegte.
Mit dem Roman ist es Anja Bagus gelungen, nochmal eine Schippe draufzulegen und die Aetherwelt weiter wachsen zu lassen.
Ich begleite die Witwe Minerva, die auf tragische Weise ihren Mann verloren hat. Mit ihm konnte sie leben, wie sie wollte, sie konnte das sein, was sie wollte. Doch nach dem Tod geht sie, so wie es sich in dieser Zeit gehört, zu ihrer Mutter zurück.
Und in dieser Situation lerne ich sie kennen und lieben.
Nach außen stark, nach Innen aber doch zerbrechlich auf der Suche nach einem neuen Lebensweg nimmt sie mich wie ganz selbstverständlich mit zurück in die Welt des Aethers. Und es war mir, als hätte ich diese Welt nie verlassen.
Die Geschichte funktioniert. Nicht nur, weil Anja Bagus es versteht, zügig zu schreiben, Charaktere authentisch und lebendig werden zu lassen, sondern weil es ihr gelingt, eine Fiktion zu schaffen, die man nicht als solche empfindet.
Natürlich kann es 1912 so gewesen sein, Frau Bagus schreibt es mit einer Selbstverständlichkeit, dass ich gar keine Zweifel habe.
Und obwohl wir uns in einer fiktiven Vergangenheit befinden, ist die Sache als solches übertragbar.
Diese Thematik des Veränderns, des Anders seins, von einer Welt, die im Umbruch ist, findet sich zu jeder Zeit. Überall gibt es Menschen, die wir als anders sehen. Und dieses Anders sein war und ist immer schwer zu dulden. Ob nun durch Aether, Behinderung oder sexuelle Ausrichtung. Ganz egal. Mich packt es, wie die Autorin in einem historischen Fantasy-Roman topaktuell ist. Es regt mich zum Nachdenken an und ich hinterfrage mich, wie bin ich, wenn ich „Andere“ sehe. Habe ich Berührungsängste oder kann ich so sein wie Minerva sein, die unerschrocken in die Welt geht und hinterfragt um die Welt zu verstehen.
Mit „Waldesruh“ kann man einfach nichts falsch machen, denn es hat alles, was das kleine Leserherz verlangt. Spannung, Liebe, tolle Protagonisten und Fantasy, die so selbstverständlich rüberkommt, dass das alles auch wahr sein kann.
Ich bin gespannt auf die nächsten Romane, denn es muss mit Falk und Minerva in der Geschichte weitergehen.
5 Eselsöhrchen von mir.