Information
Verlag: Carlsen
ISBN: 978-3551584465
Seitenzahl: 848 Seiten
Format: gebundenes Buch, eBook, Hörbuch
Diese Rezension bezieht sich auf das gebundene Buch.
Das Buch in einem Satz:
Will er sie oder will er sie nicht, was will er denn nun?
Da ist sie also, Bellas und Edwards Geschichte aus Edwards Sicht. Darauf habe ich sehnlichst gewartet.
Als ich die ersten Bücher gelesen habe, war ich Mitte 20, also kein Teenager, der sofort dahinschmelzt, bei gutaussehenden, charmanten und geheimnisvollen Vampiren. Dennoch habe ich die Bücher geliebt. Deswegen hatte ich mich über dieses Buch sehr gefreut.
Es tut mir so weh und leid
Edward erzählt und seine Geschichte und er beginnt damit, dass es eine Neue auf der Schule gibt. Zunächst ist er genervt von der schönen Isabella Swan, aber nach und nach spürt er, dass er sich zu ihr hingezogen fühlt. Doch er weiß auch, dass diese Liebe nicht sein darf, schließlich ist er ein Monster.
So viel zu der groben, allen bekannten Handlung, denn Bellas Geschichte sollte man auf jeden kennen, da die Charaktere um Edward herum nicht richtig vorgestellt werden. Sie sind halt da und so ist es eben.
Ich weiß gar nicht, wie ich beginnen soll, aber ich weiß, es wird ein Veriss sondergleichen, und dafür möchte ich mich jetzt schon einmal bei allen Fans entschuldigen, zu denen ich ja eigentlich auch zähle. Deswegen tut es mir nicht weniger weh, was jetzt kommt.
Fangen wir aber erstmal mit dem Positiven an. Die Geschichte, die mich als Fan so gefesselt hat, aus Edwards Sicht zu erleben, war ein Grund für mich, dieses Buch zu kaufen. Und ich wurde in diesem Punkt nicht (vollständig) enttäuscht (mehr dazu später). Eine besondere Stärke dieses Buchs ist es, Edwards wahres Alter glaubhaft darzustellen.
Die Sprache wirkt an der einen oder anderen Stelle (für heutige Verhältnisse) antiquiert. Zitat: „Es wäre besonnener von dir, nicht mit mir befreundet zu sein.“
Nervig schön
Und da hört das Positive leider schon auf. Zu viele Dinge, die mir negativ aufgefallen sind, überlagern den Lesespaß, den ich bei der originalen „Twilight“-Reihe empfunden habe.
Die Autorin hat in diesem Buch einfach zu stark versucht, das Twilight-Fieber wieder zu entfachen. Auf jeder Seite wird mindestens einmal beschrieben, wie „schön“ Bella ist. Eigentlich ja ein Klassiker bei der heutigen Romantasy-Literatur, aber irgendwann wird es einfach nur noch nervig. Ebenso oft wird erwähnt, wie alt Edward ist, und wie Bellas Geruch und ihre ständige Röte (soviel Blut wie sie in den Wangen hat, müsste ihr Herz schon aufgehört haben zu schlagen) seinen Appetit anregt.
Und Apropos „Appetit“: Edward wird nicht müde, zu betonen, dass er ein Monster ist, und das es besser wäre, wenn sie sich nicht ineinander verlieben würden. Er ist innerlich zerrissen und voller Selbstmitleid. Er lebt nicht, ist einfach nur da.
Ich würde ja eine Antidepressiva-Therapie vorschlagen, aber ohne Blutkreislauf …
Überhaupt wirkt Edward in dieser „Alternativgeschichte“ äußerst egoistisch und egozentrisch. Es dreht sich alles nur um ihn, man könnte das Gefühl haben, dass Bella nur eine Schachfigur für ihn ist. Von dem „liebevollen“ und „fürsorglichen“ Vampir ist jedenfalls nicht viel zu spüren.
Und wenn wir schonmal bei den Unterschieden zwischen der Original-Reihe und diesem Buch sind, was ist bitteschön mit den Dialogen passiert? Ich habe extra nochmal die alten Bücher abgestaubt und nachgesehen. Ja, völlig anders. Hier muss allerdings zu Stephenie Meyers Ehrenrettung gesagt werden, dass das die Übersetzer von Carlsen verbockt haben. Schämt Euch!
Zuviel „Bedward“
Da es sich um eine Erweiterung der „Twilight“-Reihe handelt, war mir ja klar, dass Bella einen großen Teil spielen würde. Dass es sich dabei aber eigentlich nur um eine viel zu ausführliche Nacherzählung von „Biss zum Morgengrauen“ handelt, war mir nicht klar. Wie gerne hätte ich etwas mehr über Edward erfahren. Wie ist er zu dem geworden, was er heute ist? Was ist kurz vor dem ersten Treffen mit Bella passiert? Und was ist passiert, als er nach Italien gereist ist, um Bella zu vergessen, und seinem Leben ein Ende zu bereiten? Nichts. Nur Bella und Edward…. Bedward…. ich hätte wirklich lieber im Bett bleiben sollen.
Es geht nur das Gefühlswirrwarr, das hin und her zwischen „Ich liebe sie“, und „ich darf sie nicht lieben“, und dem völlig seltsamen Verhalten von Edward, bei welchem er genau das Gegenteil von dem tut, was er sagt.
Auch neue Informationen suchen Fans vergeblich. Es ist wirklich nur ein „Hier ist die Liebesgeschichte, aber dies mal aus Edwards Perspektive“. Zumindest in diesem Punkt hat die Autorin nicht zu viel versprochen.
Trotzdem ist es für Leser unabdingbar, dass sie den ersten Band der Original-Reihe kennen. Sonst würden einige Dinge überhaupt keinen Sinn ergeben.
Unnötige „Cash Cow“
Was kann man also letztlich über „Biss zur Mitternachtssonne“ sagen?
Nun, zunächst einmal ist dieses Buch wirklich nur was für totale Hardcore-Fans (zu denen ich mich nicht zähle). Wer dem „schönen Vampir“ vollends verfallen ist, und lieber mit Bella getauscht hätte, der soll hier bedenkenlos zugreifen.
Für alle „normalen“ Fans fehlt aber einfach der Charme, und die Rückkehr nach Forks wird durch diverse kleine und große Probleme getrübt, angefangen von Edwards Dauer-Depression, über stupide Wiederholungen bis hin zu den geänderten Dialogen.
Scheinbar versucht Stephenie Meyer hier an frühere Erfolge anzuknüpfen, um das Twilight-Universum noch ein wenig zu melken. Das kann gut gehen („Biss zum ersten Sonnenstrahl – Das kurze zweite Leben der Bree Tanner“), in diesem Fall ist es aber nur ein unnötiger Cash-Cow-Rohrkrepierer.
Denn dass Stephenie Meyer auch außerhalb von „Twilight“ gute Geschichten erzählen kann, hat sie mit „Seelen“ eindrucksvoll bewiesen, ebenfalls ein Buch, dass mir sehr gut gefallen hat. Sie hätte Forks hinter sich lassen sollen, aber das ist nur meine Meinung.
Wäre dieses Buch eine Art „Interview mit einem Vampir“, also Edwards Lebensgeschichte, die an dem Punkt endet, als er auf Bella trifft, wäre ich vollends begeistert. So muss ich aber leider gestehen, dass dieses Buch für mich ein Fehlkauf war, der meinem Fan-Dasein absolut nichts gebracht hat.