Information
Verlag: Goldmann
ISBN: 978-3-442-49329-6
Genre: Thriller
Seitenzahl: 448 Seiten
Format: Taschenbuch, eBook, Hörbuch
Diese Rezension bezieht sich auf das Taschenbuch. Ich danke dem Goldmann-Verlag für das Rezensionsexemplar.
Das Buch in einem Satz:
Sag mir, wer ich wirklich bin.
Oktober ist einfach Thrillersaisson. Wenn es draußen schon früh dunkel wird, es kühler ist, dann geht doch nichts über einen heißen Kaffee, einen Keks, eine Flauschedecke auf dem Sofa und so einen richtig guten Thriller. Auch mit „Die gute Schwester“ habe ich so richtig guten kranken Stoff bekommen.
Der böse Zwilling
Meggie und Leah sind Zwillinge. Aber schon ihm Teenager-Alter wird klar, dass die beiden sich nicht verstehen. Vor allem Meggie leidet unter Leahs Eskapaden. Deswegen trennen sich ihre Wege und sie haben nur noch sporadischen Kontakt.
Als Meggie allerdings auf dem Handy ihres Ehemanns ein Foto von sich in blauer Unterwäsche sieht, traut Meggie ihren Augen nicht. Das kann unmöglich sie selbst sein, denn sie kennt diese Unterwäsche nicht. Aber wenn sie selbst es nicht ist, dann kann das nur bedeuten, dass das Foto ihre Zwillingsschwester zeigt.
Meggie stellt ihre Schwester zur Rede. In einer Kurzschlusshandlung haut Meggie Leah eine Weinflasche über den Kopf, nachdem Leah mit ihrer Affäre mit Meggies Ehemann prahlt. Der Schlag ist tödich. Meggie muss sich der Leiche entledigen und überlegen, was sie nun tut. Ihr fällt nur eine Möglichkeit ein. Sie muss Leah am Leben halten. So beginnt ein gefährliches Doppelleben für Meggie. Schafft sie es, alle zu täuschen?
Perspektiven
Sarah Bonner lässt zu Beginn Meggie die Story erzählen. Das geht wirklich unter die Haut. Man fühlt mit Meggie mit und ich verstehe einfach nur zu gut, warum sie diese Weinflasche über Leahs Kopf zieht. Aber gleichzeitig ist es auch verstörend. Ich bin fasziniert von Meggies Überlegungen und Plänen und ihrem Einfallsreichtum, wie sie scheinbar ohne Skrupel ihren Mann und ihre Umwelt täuscht. Allerdings erzählt Meggie auch, warum es nachvollziehbar ist, was sie da tut. Ihr Mann ist nicht der treusorgende Mann, der er vorgibt zu sein. Ihre Schwester hat ihr immer alles weggenommen und Meggie hat unter all dem sehr gelitten.
Etwa nach der Hälfte des Buches beginnt dann Meggies Ehemann seine Sicht der Dinge zu erzählen. Doch das bringt irgendwie einen Bruch in den doch sehr flüssigen Erzähstil.
Im Laufe der Story erzählt dann noch „Leah“ die Geschichte weiter und zum großen Showdown berichtet der Anwalt von Meggies Ehemann, wie sich alles fügt und wie es sich entwickelt.
Das Schlußwort hat wieder Meggie, irgendwie.
Die Perspektivwechsel sind schon sinnvoll, um einfach alle Hintergründe der Story zu haben, aber irgendwie wirken diese Wechsel holprig und bringen mich aus dem Lesefluss raus.
Raffiniert und intelligent
Auch wenn es diese Einbrüche gibt, tut es gar nichts an der Intelligenz des Buches. Die Geschichte ist klug und raffiniert konstruiert und alles ergibt zum Schluss einfach Sinn. Viele Wendungen geben eine gewisse Würze und bestärken mich in der Empfindung der Kaltbrütigkeit aller Charaktere. Einer ist durchtriebener als der andere. Ich weiß gar nicht, wen ich böser oder schlimmer finde. Jeder bringt eine Abgebrüdheit in die Story, die die Geschichte einfach zu einem richtig kranken, abgedrehten und guten Shit macht.
Obwohl es mich durch die Perspektivwechsel kurz aus der Story gekickt hat, sehe ich ein, dass es diese Wechsel gebraucht hat, um ein großes Ganzes daraus zu machen. Ich habe immer wieder in die Geschichte reingefunden und bin schwer geschockt und begeistert von diesem Thriller. Und eines möchte ich noch positiv erwähnen. Das erste Mal hatte ich nun einen Roman zwischen den Fingern, der sich die Umstände der Pandemie zu Nutze gemacht hat. Richtig gut.
Von mir, trotz leichter Schwächen in der B-Note, alle Eselsöhrchen, die ich vergeben kann.